"Alles nur geträumt"



Wenn Menschen träumen, wird ein Teil in ihnen lebendig.
Gedanken, die in der hintersten Ecke des Unterbewusstseins
ein stilles, aber keinesfalls vergessenes Dasein fristen, drängen
hervor. Und stellen sich ins Rampenlicht desjenigen, der eigentlich
meinte, sie nie gedacht zu haben.

Auch ich habe geträumt. Kurz zwar nur, aber dennoch
mit soviel Kraft und Energie, dass es mir fast wie ein wahres Erlebnis
vorgekommen ist. Von diesem Zeitpunkt an wusste ich:

Träumen heisst Fühlen,
und somit seine Wünsche nicht aufgegeben zu haben.



Alles nur geträumt





Ich war gerade auf dem Weg zur Bahn, den Rucksack voller Cds, T-Shirts und ähnlicher Luxusartikel, mit denen ich mein Gehalt durchgebracht hatte. Als ich so dabei war, mir meinen Weg durch die Menge zu bahnen, blieb ich mit einem Schlag stehen und sah mich um. -Wie ein Hund, der die Stimme seines Herren gehört hat. "Hm", dachte ich, "jetzt ist es wohl soweit mit dir - reif für den Psychater !" Aber noch bevor ich weiterdenken konnte, fiel mein Blick auf eine junge Frau, die anscheinend das gleiche Problem hatte wie ich.

Nun standen wir da ..... wie zwei Felsen in der Brandung.

Und trotzten den Leuten, denen wir im Wege standen, aber irgendwie schien es in diesem Moment nur uns beide zu geben. Die Menschenmassen waren verschwunden und der Puls der Grossstadt hörte auf zu schlagen. Sekunden später, die mir wie eine kleine Ewigkeit vorkamen, ging sie einen kleinen Schritt auf mich zu. Ich tat es ihr gleich. Langsam, ganz langsam näherten wir uns beide einander. Dann drehte sie ihren Kopf leicht zur Seite. So als ob sie mich mustern würde. Ihre Augen folgten meinen Bewegungen und ich bemerkte an mir, dass ich an ihrem Blick festhing, wie eine Fliege, gefangen im Spinnennetz. Nur mit dem Unterschied, nicht um mein Leben bangen zu müssen. Frag mich bitte nicht, was ich in diesem Moment gefühlt habe, ich bin mir selbst nicht darber im Klaren. Es war wie eine Mischung aus Neugier, Faszination und unendlicher Vertrautheit.

Jetzt stehen wir voreinander. Sie lässt immer noch nicht ab, mich anzusehen. Aber anstatt den Rückzug anzutreten, lasse ich meinen Rucksack fallen und fahre mit meinen Augen über jeden Zentimeter ihres Gesichtes. Wie hübsch sie ist, denke ich. Am liebsten würde ich in ihren Augen versinken. "Worauf wartest du dann noch", flüstert plötzlich eine Stimme zu mir. Völlig verdutzt schaue ich mich um.

"Ich bin doch hier", fährt die Stimme fort, die so zärtlich klingt, dass es mir fast den Boden unter den Füssen wegzuziehen scheint. Sie war es, die zu mir sprach, aber woher wusste sie ....?

Ich sehe sie wieder an, und sie fängt an zu lächeln. Im selben Augenblick schmiegt sie sich an mich, und ich spüre ihre Arme, die mich fest umklammern......

"Sollten wir uns tatsächlich gefunden haben ?", fragt sie, während sie ihren Kopf hob, um mich anzusehen; "...aber wenn dem so ist, wo hast du dann mein ganzes Leben lang bloss gesteckt ?"

Meine Hände schliessen sich um ihren Körper und meine Antwort ist so, als ob sie mir jahrelang auf der Zunge gelegen hätte: "Wir waren immer füreinander da, nur einen Herzschlag entfernt. In unseren Träumen haben wir uns gesehen, gespürt und geliebt. Und in unseren Herzen hatten wir beide vom Anbeginn unserer Zeit einen festen Platz bezogen."

"Ja, so war es !", sagte sie, "so soll es jetzt sein und für alle Zeit - ich liebe dich !"
Copyright: Achim Tober

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