"Gedanken einer Nacht"
02:44 irgendwann Samstags Nacht ... die Zeiger der Uhr bewegen sich gleichmässig und unermüdlich vorwärts. Wieder Stunden, in denen alles und jeder zu schlafen scheint – ausser mir.
Ich schalte den Fernseher aus mache mir einen „Drambuie on the rocks“ und wühle in alten Musikkassetten herum. Mein Blick schweift über die Hüllen, wo ich unter anderem auch das Datum des Recordings eingetragen habe.
„The Collection II“ hört sich gut an, denke ich mir – Datum 16.07.1991.
Die Titel schaue ich mir nicht so genau an. Ich lege die Kassette ein, drücke den Play-Button auf dem Tape-Deck und zünde eine Kerze an.
Dann lösche ich das restliche Licht, setze mich aufs Sofa und nippe an meinem Drink.
Aus den Boxen ertönen die ersten Takte von Bryan Ferry’s „Avalon“:
“Now the party's over
I'm so tired
Then I see you coming
Out of nowhere
Much communication in a motion
Without conversation or a notion
Avalon”
Ich fokusiere den Schatten der Kerze und dann wieder schaue ich in die Flamme, welche unruhig den Raum erhellt. Irgendwie haben wir beide etwas gemeinsam ... ich nehme einen grossen Schluck aus dem Glas.
Dann lasse ich meinen Kopf leicht nach hinten fallen, um von einem Kissen aufgefangen zu werden. Meine Augen werden langsam schwer und müde ... „Feels like Heaven“ schmeichelt sich in mein Ohr:
„See how we planned for saddened eyes and tears to pave the way
I fought the fever as I knew, my hair it turned to grey
Study your face and fade the frame, too close for comfort now
We can recall the harmony that lingered but sent sour
Feels like heaven
Feels like heaven
You wanted all I had to give
See me, I feel, see me, I live, woh-oh”
Ein Traum streift meinen Weg und nimmt mich kurz mit auf seine Reise durch die Nacht. Da sind Gedanken an Dinge, so lange vergangen und doch so nah. In meinem Herzen abgelegt und verwahrt ... könnte schwören, sie sind gerade erst passiert ... just vor einem Wimpernschlag oder zwei'n.
Als ich erwache, ist die Kassette fast zu Ende. ASIA singt meinen Lieblingssong „Wishing“ und Erinnerungen rasen durch meinen Kopf.
Ich sehe viele kostbare Momente von damals vor mir. Alle sind so einzigartig und doch scheinbar verloren in der Zeit wie ein Fussabdruck im Sand. Etwas sagt, daß es passiert ist ... ich will festhalten und kann es doch nicht verhindern ...
Verhindern, daß die Wellen des Lebens an mein Ufer spülen und diese Momente davontragen, als wären sie niemals existent gewesen.
Alles was bleibt ist die Erinnerung.
Erinnerungen, stark und kraftvoll ... jede Emotion von damals genau so lebendig wie am Tag ihrer Geburt. Spüre jede Sekunde, erfahre erneut mit all meinen Sinnen, was geschah – vor langer Zeit.
Aber wie kann es denn lange her sein, wenn ich alles so deutlich in mir verspüre - jetzt und hier. Mir ist, als wäre alles gerade erst gestern passiert.
Und ich muss mal wieder begreifen, daß viele dieser Bilder und Momente bereits etliche Jahre alt sind.
Aber wie kann DAS sein, wenn mein Herz doch fühlt als ob ...
Wie kann es bloss sein ... ?
Copyright: Achim Tober
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